Mittwoch, 30. Mai 2012

Ärzte, erklärt Euch!

Wenn man einen Artikel über Arztbesuche schreibt, wird dieser notgedrungen persönlich. Ich versuche im Folgenden aber dennoch, weitgehend anonymisiert über das zu berichten, was mir in den vergangenen Monaten aufgefallen ist. Warum ich es überhaupt mache? Ich suche nach Antworten. Die Frage lautet: Wie kann das Arzt-Patienten-Verhältnis im Internetzeitalter funktionieren? Was muss sich an der Kommunikation ändern? Wo sollte ich als Patient mal lieber die (Google-Such-)Finger stillhalten? Und – sollte ich das wirklich?

Im hypochondrischen Netz
Ich habe gerade eine kleine medizinische Pechsträhne. Seit Anfang März führt mich diese in viel zu kurzen Abständen zu viel zu vielen Arztbesuchen. Nichts Ernstes, zum Glück, aber immer lästig. Nach fast jedem dieser Arztbesuche habe ich mich geärgert. Über den Arzt/die Ärztin, über mich selbst. Weil mir die Dinge nicht erklärt wurden – weder die Diagnose, noch die Therapie, schon gar nicht die Zusammenhänge. Und ich nicht fähig war, rechtzeitig Fragen zu stellen und mich daher in den unendlichen Weiten des hypochondrischen Netzes wiederfand.

Medizinische Aufklärung - Do It Yourself 
Ich habe eine Hausärztin, der ich völlig vertraue. Sie ist kompetent, hat mir in den letzten Jahren immer an der richtigen Stelle weitergeholfen, nimmt mich ernst, neigt nicht zur Dramatik. Leider kommuniziert sie aber nicht. Meist läuft das folgendermaßen ab: Ich sitze da, sie sagt: Machen Sie mal …, oder: Nehmen Sie mal …, oder auch: Essen Sie mehr … Sie schreibt alles detailliert auf kleine Zettelchen, die ich dann mit nach Hause nehme. Was sie leider nicht tut: Erklären, warum ich das soll, was das tut, welche Alternativen es gäbe, wie lange das dauert, manchmal noch nicht mal, was ich eigentlich habe. So wunderte ich mich zuletzt, warum ihr mein miserabler Eisenwert offensichtlich egal ist, sie mich aber wegen der Schilddrüsenwerte zum Nuklearmediziner überweist – bis das Internet mich schlaumacht, dass das zusammenhängt und mein Eisenwert wohl ohnehin nicht hochzukriegen ist, solange ich in der Unterfunktion stecke.

Fachärzte sind keinen Deut besser. Mein vorletztes Erlebnis bei einem praktischen Chirurgen: Er erläutert mir die OP, die mir nach seiner Aussage unweigerlich bevorsteht. Ich bin entsetzt, mache aber wie gewünscht den Termin. Mit einem unguten Bauchgefühl klemme ich mich zuhause hinter den Laptop und googel. Finde sehr unschöne Sachen (tut man übrigens immer, wenn man nach medizinischen Problemen googelt) und, nach einigem Gesuche: alternative OP-Methoden und fundierte (!) Meinungen, wann man operieren sollte – und wann nicht. Ich mache einen erneuten Termin – mittlerweile beschwerdefrei –, lande bei einem anderen Arzt der Praxis. Der meint dann, ich könne die OP aufschieben. Auf die alternative (und weit weniger invasive) OP-Methode angesprochen, meint er nur: „Davon halte ich nichts“. Begründung: keine. Meine Hausärztin stützt mich zum Glück. Statt mit einer riesigen Wunde an einem zentralen Körperteil sitze ich hier also – was das angeht – völlig unversehrt. Gut informiert fühle ich mich aber nicht. Das habe ich mal wieder selbst in die Hand genommen. Blinder Gehorsam ist nicht meins.

Erst gestern (ich hatte das mit der Pechsträhne erwähnt, oder?) sitze ich beim HNO, der mir unangekündigt schmerzhaft im (entzündeten) Ohr rumkratzt und mich anbrüllt, weil ich zucke. Vielen Dank auch. Ein kurzer Hinweis „Es könnte jetzt mal kurz wehtun“ hätte geholfen. Kommuniziert doch bitte mit mir. DAS tut auch gar nicht weh!

Redet mit mir!
Liebe Ärzte, ich will doch nur wissen: Was habe ich? Was sind das für Pillen? Gäbe es Alternativen und was spricht dagegen? Wie lange kann das dauern? Was machen Sie da gerade mit mir?
Ist das zu neu für Ärzte? Oder habe ich nur die Falschen? Wie ist das denn bei Euch? Wie Ihr seht, bin ich weiter auf der Suche nach Antworten – über Eure würde ich mich freuen!

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